April 28, 2009

Dicks Zukunftsvisionen-Eine paranoide Dystopie?

Also wenn ihr mich fragt, hat Steven Spielberg den offensichtlich sarkastisch-ironischen Anspielungen von Philip K. Dick in seiner Kurzgeschichte „Minority Report“ alle Ehre gemacht. Man möchte meinen, dass Spielberg diese Mission als Gelegenheit nimmt, K. Dicks Version bis aufs Maximum in ein Hollywood Spektakel auszuweiten, was gewiss ebenfalls so einigen schnippigen Kommentaren Dicks zum Opfer gefallen wäre. Unzählige feinst durchdachte technische Spielereien wie Fahrzeuge, die auf Magnetbahnen vor der Wohnungstür andocken, imaginäre Leinwände mit der Übertragung der Precog-Deutungen, die Tom Cruise mit Datenhandschuhen wie ein Dirigent durchsucht, oder allgegenwärtige Werbeflächen (GAP-Store) , die auf den Kunden persönlich zugeschnitten sind und ihn bei Betreten des Geschäfts nach seinem Befinden und seiner Zufriedenheit mit dem gekauften Produkt fragen, scheinen dem Größenwahn-Klischee der amerikanischen Lebensweise nur allzu gut zu entsprechen. Jedoch täuscht der Anschein über einige in der filmischen Adaption bemerkenswert gut übernommene kleine Details hinweg. Bis hin zu den kleinen Spinnen, die dem Menschen bei seiner Mission für einen vermeintlich sicheren Staat zur Hilfe gehen, wurden einige von Dicks Vorstellung raffiniert in Szene gesetzt.
Denn im Großen und Ganzen ist es eine getreue Umsetzung von Philip K. Dicks Verfolgungs- und Kontrollwahn, den er im Buch zu allzu deutlich schildert. Nur der Hauptdarsteller, Polizist John Anderton, gleicht trotz seiner Drogensucht nicht dem üblichen, unsicheren, hilflosen Dick-Helden.
Ist man sich des Stils des Autors Dick bewusst, so ist das technisch und ästhetisch gut durchdachte Bild, das uns Spielberg gibt nicht ganz stimmig. Es bleibt nämlich nichts übrig von Dicks düsterer Zukunftsvision eines totalitären Überwachungsstaates. Auch die Pre-Cogs, die nebenbei bemerkt im Film fälschlicherweise plötzlich einen eigenen Willen haben, sind zu schön und engelsgleich um „Dick“ zu sein.
Herausgeschnittene Augen, das heruntergekommene Schlupfloch, in das Anderton vor seinen Precrime Kollegen flüchtet, und düstere Visionen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, um Dicks beängstigender Vorstellung eines Pseudo-Kontrollstaates näher zu kommen, jedoch stört die von Spielberg entgegengesetzte Idylle des amerikanischen Kleinbürgertums und dessen Vorstellung von „Sicherheit“. Um letzteres in Anführungsstrichen gesetzte zu argumentieren, müssen Dicks An- und Absichten einer Darstellung der amerikanischen Politik mit ihren Möglichkeiten und möglichen Manipulationen in einem Überwachungsstaat erwähnt werden. Die äußerste Schicht wurde von Spielberg mit unzähligen Kameras, eingepflanzten Chips und elektronischen Identifizierungen durch charakteristische Merkmale der Augeniris gekonnt in Szene gesetzt. Jedoch fehlt die tiefgreifende, von Dick kritisierte Darlegung der inneren (fehlerhaften?), düsteren Struktur und Atmosphäre eines solch komplex verstrickten Systems.
Für diejenigen, denen Dick in seinen Schilderungen eine Spur zu viel Komik an den Tag legt, hier zwei anschauliches Beispiele dafür, wo wir uns heutzutage in seinen Ausführungen wieder finden:

I'm the invisible man..."
Von Christian Gaca | April 2002

Krieg mit Hilfe des Nanoversum, das gefällt US-Präsident George W. Bush. Darum lässt er mal eben 50 Millionen Dollar springen, um seine Heer zur kugelsicheren High-tech-Armee aufzurüsten. Der Ansatz der beauftragten Forscher könnte direkt einem PKD-Roman entnommen sein.

Ein Team von Wissenschaftlern des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist für die nächsten fünf Jahre mit der Entwicklung eines "Exoskeletts" betraut, das den Soldaten in allen Gefechtslagen optimal schützten soll. Neuartige Materialien auf Basis kleinster Strukturen, der Nanotechnologie, sollen den Insassen vor Hitze, Kälte, Druckwellen, Schlägen und Strahlung schützen. Wird der Soldat trotzdem verletzt, soll die High-tech-Uniform die Art der Verwundung erkennen, nach Möglichkeit automatisch erste Hilfe leisten oder gleich den Feldarzt rufen. Zudem hätten die Militärs liebend gerne eine "adaptive Tarnung". Aktive Fasern in der Uniform sollen Licht reflektieren und brechen, so dass der Soldat wie ein Chamäleon optisch mit seiner Umwelt verschmilzt.
Ein weiterer Punkt, der Dick in seinen übertrieben scheinenden Thesen und Zukunftsvisionen bekräftigen würde, ist folgender:
Forscher der Universität Delaware (USA) haben bereits ein dem Film sehr ähnliches, mit einer Handbewegung bedienbares System mit virtueller Maus und Tastatur entworfen, was mittlerweile wohl auch schon wieder veraltet ist. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis derartige Innovationen ebenfalls nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken sind.
Quelle: http://www.philipkdick.de/feature_army.html