Mai 15, 2009

Spielberg's Minority Report und Hollywood nach 9/11 - Eine Filmkritik

Das Kunstheater, der Roman, aber auch das Medium des Spielfilms haben durchaus den Anspruch der gesellschaftlichen Relevanz. Philip K. Dicks Zukunftsvision aus dem Jahre 1954 war im Jahre 2002 längst Wirklichkeit geworden: Mit modernster Technik versuchte man nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11.9.01 der terroristischen Bedrohung aus Nahost Herr zu werden, natürlich auf Kosten von Datenschutz, Bürger- und, wie sich spätestens 2004 herausstellen sollte, des Menschenrechts. Als sich Steven Spielberg anschickte die Kurzgeschichte "Minority Report" zu verfilmen, hoffte man auf anspruchsvolle, technisch hochwertige und vor allem politische Popcorn-Unterhaltung. Natürlich waren keine beissend satirische Boshaftigkeiten wie in Paul Verhoevens Dick-Verfilmung "Starship Troopers" zu erwarten, trotzdem lud der Stoff förmlich dazu ein, Verbindungen zur damaligen politischen Lage aufzuzeigen. Auch die Diskussionen im Plenum zeigen, dass dies möglich gewesen wäre. Spielberg schien auch durchaus die Absicht zu haben Bezüge zum aktuellen Zeitgeschehen zu finden: Sein Minority Report war als eine Art futuristischem D.C. Confidential, einem realistischen Sci-Fi Thriller, der an kernige Cop-Thriller erinnert, angelegt. Eher Blade Runner als Total Recall. Eine comichafte Inszenierung wäre Dicks Vorlage gerechter geworden, aber Spielberg ist kein Verhoeven und so scheitert auch Minority Report nicht an den Bildern oder dem Inszenierungsstil, sondern an der Unausgegorenheit der Idee. Psychologisch und philosophisch interessante Gedanken und Fragen stellen sich für Spielberg gar nicht, wohl auch im Sinne Hollywoods. Kleine optische Verweise auf den 11.September (Cruise öffnet Schließfach 911 etc.) wirken da aufgesetzt und heuchlerisch, denn Spielberg setzt sich nicht wirklich mit Fragen der inneren Sicherheit auseinander. Ob und inwiefern die Freiheit des Einzelnen über dem Schutz der Opfer bei Mord oder gar einem Terroranschlag steht, ist eine Frage, die sich dem Zuschauer aufdrängt. Da aber in der Verfilmung erst gar keine Grauzonen existieren, sondern nur ein schlichtes Gut/Böse Schema, das sich schon nach wenigen Minuten in einer Zukunfsvariante des Filmes Auf der Flucht verliert, umschifft Spielberg so gekonnt den Anspruch zugunsten der Action. Das Geschehen bleibt von Anfang bis Ende oberflächlich, ist aber alleine schon durch den Cast so vorhersehbar wie die meisten Cruise-Actioner vor Collateral. Wer in dem Film ein Plädoyer für mehr Demokratie und Menschlichkeit sehen will, wird sicher fündig, letztlich wird den meisten lediglich das aufdringliche (und paradoxe) Product Placement in Erinnerung bleiben.

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